Anke Hengelmolen-Greb
Immer häufiger berichten Patienten und andere Angehörige der Heilberufe von Privaten Krankenversicherungen, die eine Kostenerstattung für eingereichte Honorar-Rechnungen ärztlich verordneter Therapiemaßnahmen teilweise ablehnen.
Die Krankenversicherungen berufen sich - unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Honorarforderung - darauf, dass die berechneten Behandlungshonorare nicht "angemessen" wären. Hier wird natürlich verschwiegen, dass die Versicherer in denr letzten Zeit, nahezu jährlich, ihre Preise um bis zu 8% erhöht haben, aber die Erstattung der Preise nicht angepasst wurde.
Einzelne Krankenversicherungen akzeptieren sogar nur die Beihilfesätze für Versicherte des öffentlichen Dienstes, obgleich selbst das Bundesministerium des Inneren diese Sätze als nicht kostendeckend erachtet. Die Versicherer verkennen die Rechtslage und verschweigen natürlich auch, dass die Beihilfeverordnung des Bundes für seine Beamten seit ca. 10 Jahren die Preise unverändert ließ.
Die MB/KK 1976 (Musterbedingungen Krankenkasse 1976) sehen in §§ 1 Absatz 2 Satz 1 und 5 Absatz 2 MB/KK 1976 sowie in den Tarif-Bedingungen und in späteren Allgemeinen Krankenversicherungs-Bedingungen (AVB) vor, dass alle "medizinisch notwendigen Leistungen" nach Krankenversicherungs-Vertrag erstattet werden. Viele Versicherer wollen in diese Regelung auch Kostenaspekte einfließen lassen.
Dem hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.03.2003 - IV ZR 278/03 mit aller Deutlichkeit widersprochen. Der BGH führt in seiner Pressemitteilung 31/2003 zu der Entscheidung aus:
"Die Einbeziehung von Kostengesichtspunkten lässt sich aus § 1 Absatz 2 Satz 1 MB/KK im Wege der Auslegung nicht entnehmen. Aus der dafür maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist die Notwendigkeit der Heilbehandlung allein aus medizinischer Sicht zu beurteilen. Er versteht die Klausel so, dass ihm nicht die Kosten für jede beliebige Heilbehandlung erstattet werden, sondern nur für solche, die objektiv geeignet sind, sein Leiden zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Ihm erschließt sich nicht, dass der Versicherer seine Leistungspflicht auf die billigste Behandlungsmethode beschränken will."
Nach der mit mir geschlossenen Honorarvereinbarung kann die Krankenversicherung nicht einwenden, die vereinbarten Honorare seien nicht "üblich". Die Frage der Üblichkeit stellt sich in § 623 Absatz 2 BGB nur dann, wenn keine Honorarvereinbarung getroffen wurde. Ist eine Honorarvereinbarung - wie hier - geschlossen, so gilt diese vorrangig.
Meine Behandlungs-Zeittakte sind erheblich länger, als es die Verträge mit den Krankenkassen vorschreiben. Da meine Honorare, basierend auf der GebüTh, dennoch deutlich unterhalb des vom OLG Karlsruhe für angemessen befundenen 2,3-fachen Sätzen liegen (ich liege sogar unter dem 1,8-fachen Satz), rechne ich nicht damit, dass Ihnen Erstattungsprobleme entstehen werden.
Sollten diese wider Erwarten dennoch eintreten, zögern Sie nicht, mich anzusprechen.
Es existieren zu diesen Problemen unzählige und einschlägige Urteile der deutschen Rechtsprechung:
Urteile im Zusammenhang mit Streitigkeiten zwischen Privatpatienten und zahlungsunwilligen Versicherungsgesellschaften
LG Köln, 14.10.2009 (AZ: 23 O 424/08)
Auszug aus der Urteilsbegründung:
”Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, zur Kürzung der zu erstattenden Beträge berechtigt zu sein. Eine Kürzung auf der Grundlage des Heilmittelverzeichnisses LEVP07/03 der Beklagten kommt nicht in Betracht. Denn es ist weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass diese wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen worden wäre. Auch eine Kürzung auf die beihilfefähigen Höchstsätze, die den Sätzen des Heilmittelverzeichnisses entsprechen, unter dem Gesichtspunkt der üblichen Vergütung gemäß § 612 II BGB kommt nicht in Betracht (vgl. insoweit auch LG Köln 23 O 380/08 - Urteil vom 17.06.2009 n.v.). Denn die beihilfefähigen Höchstsätze stellen keinen Anhaltspunkt für die übliche Vergütung physiotherapeutischer Behandlungen dar.“
AG Frankfurt, 30.03.2009 (AZ: 29 C 2041/07-86)
Auszug aus der Urteilsbegründung:
”Die Behauptung der Beklagten (Krankenversicherung), die abgerechneten Beträge seien überhöht, ist nicht hinreichend substantiiert. Die stete Bezugnahme auf die beihilfefähigen Höchstsätze vermag einen Angriff nicht zu begründen, da es auf die Üblichkeit und Angemessenheit der Preise für die Privatversicherten ankommt.“
Entsprechende Musterbriefe für Ihren Widerspruch stelle ich Ihnen hier zur Verfügung:
Bleiben Sie hinsichtlich der Erstattung von Heilmitteln bei Ihrer Versicherung unnachgiebig und beharren Sie auf deren Erstattung.
Bitte prüfen Sie allerdings vorher, ob Sie einen Tarif gewählt haben, in dem man Ihnen eine Selbstbeteiligung, oder gar eine Beschränkung der Leistungen, zumutet.
Ich persönlich findes es sehr traurig, dass das vertrauensvolle Verhältnis, welches zwischen Therapeut und Patient herrschen sollte, mit solchen Problemen belastet wird.
Denn eigentlich gibt es für Therapeuten nichts Schlimmeres, als wirtschaftliche Abwägungen für Ihre Therapie treffen zu müssen.
| Anke Hengelmolen-Greb, M.Sc., PT, Bobath-Instruktorin IBITA, Heilpraktikerin (PT), Handicap-Tauchlehrerin